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Erle­ben statt nur zuhö­ren: Die Lesung von Hei­ke Susan­ne Kol­pack in Leer

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Lesung in Leer: Kol­pack beein­druckt mit bewe­gen­der Lebensgeschichte

Im Senio­ren­zen­trum Pro­Se­nis in Leer fand eine Lite­ra­tur­ver­an­stal­tung statt, die noch lan­ge nach­hall­te. Unter dem Titel „Papil­lon – oder die Meta­mor­pho­se mei­nes Lebens“ prä­sen­tier­te Kol­pack ihre Lebens­ge­schich­te – ein­dring­lich, behut­sam und getra­gen von stil­ler, unüber­seh­ba­rer Kraft.

Kol­pack reflek­tier­te in ihrem Buch über einen Lebens­weg, der von tief­grei­fen­den Umbrü­chen, Ver­lus­ten, aber auch von bemer­kens­wer­ter per­sön­li­cher Stär­ke geprägt ist. Ihre Offen­heit dar­über, wie eine zuneh­mend for­dern­de Umwelt auf ihre Ein­schrän­kun­gen reagier­te, berühr­te das Publi­kum nachhaltig.

Albrecht Wein­berg, der eben­falls bei der Lesung anwe­send war, nimmt kon­zen­triert an der inter­ak­ti­ven Bril­len-Erfah­rung teil.
Die spe­zi­ell für das Expe­ri­ment ver­teil­ten Bril­len fan­den gro­ßen Anklang – zahl­rei­che Zuhö­rer setz­ten sie auf und erleb­ten die Geschich­te auf ein­drucks­vol­le Wei­se mit.

Eine Lesung in voll­kom­me­ner Aufmerksamkeit

Im Saal herrsch­te wäh­rend der Lesung bemer­kens­wer­te Stil­le – eine Stil­le, die nicht Distanz, son­dern kon­zen­trier­te Auf­merk­sam­keit aus­drück­te. Jede Zuhö­re­rin und jeder Zuhö­rer schien der Gedan­ken­welt Kol­packs auf beson­ders inten­si­ve Wei­se nahe zu sein.

Die Lesung wur­de von Bea­te Stamm­witz vor­ge­tra­gen. Ihre kla­re, ruhi­ge Stim­me ver­lieh den emo­tio­na­len Pas­sa­gen zusätz­li­che Tie­fe. Zwi­schen den Lesungs­ab­schnit­ten sorg­ten aus­ge­wähl­te Musik­stü­cke für stim­mungs­vol­le Über­gän­ge, musi­ka­lisch beglei­tet von Lenn­art, Groß­cou­sin von Susan­ne Kol­pack, der eigens aus Dors­ten ange­reist war, um die Lesung zu bereichern.

Beson­ders ein­drucks­voll waren die Expe­ri­men­te mit meh­re­ren Bril­len, die die Seh­fä­hig­keit stark her­ab­setz­ten. Zahl­rei­che Zuhö­re­rin­nen und Zuhö­rer setz­ten die­se Bril­len auf und nah­men aktiv teil, wodurch die Erfah­run­gen Kol­packs für alle kör­per­lich und unmit­tel­bar nach­fühl­bar wur­den. Die Unsi­cher­heit bei Bewe­gun­gen, das ein­ge­schränk­te Sicht­feld und die Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit wur­den greif­bar – die Teil­neh­mer konn­ten ansatz­wei­se nach­emp­fin­den, wie her­aus­for­dernd selbst all­täg­li­che Hand­lun­gen für Kol­pack sind. Die­se inter­ak­ti­ve Erfah­rung mach­te die Lesung noch inten­si­ver und emo­tio­nal spürbar.

In der Pau­se konn­ten die Besu­cher bei Kaf­fee und einem lie­be­voll arran­gier­ten Keks­buf­fet klei­ne Gesprä­che füh­ren und die emo­tio­na­len Ein­drü­cke ver­ar­bei­ten – ein wohl­tu­en­der Kon­trast zu der Inten­si­tät der Texte.

Groß­cou­sin Lenn­art beglei­tet die Lesung musi­ka­lisch und sorgt mit sei­nen stim­mungs­vol­len Klän­gen für beson­de­re Momente.
Das lie­be­voll arran­gier­te Kaf­fee- und Keks­buf­fet lädt die Gäs­te zu einer klei­nen Aus­zeit ein – köst­lich und mit Herz zubereitet.

Die Erfah­rung auf der Wanderdüne

Eine beson­ders ein­drucks­vol­le Epi­so­de schil­der­te Kol­pack von einem Aus­flug auf eine Wan­der­dü­ne. Allein auf dem schma­len Pfad, der nur schul­ter­breit Platz bot, spür­te sie sofort, dass der Sand unter ihren Füßen unge­wöhn­lich weich war – fast wie Mehl. Ihr Bekann­ter war weit vor­aus­ge­gan­gen, um den Weg zum höchs­ten Punkt der Düne zu erkun­den, und ließ sie damit kom­plett auf sich allein gestellt zurück.

Spä­ter las sie nach, dass auf Wan­der­dü­nen Treib­sand vor­kom­men kann – ihr eige­nes Gefühl hat­te sie also bestä­tigt, auch wenn sie sich glück­li­cher­wei­se auf fes­tem Unter­grund befand. Jeder Schritt erfor­der­te höchs­te Kon­zen­tra­ti­on. Nur weni­ge Zen­ti­me­ter nach links oder rechts hät­ten den Unter­schied zwi­schen Sicher­heit und Gefahr aus­ma­chen kön­nen. Ohne Ori­en­tie­rung und ohne Beglei­tung wur­de der schma­le Weg zu einem Balan­ce­akt. Für die Zuhö­rer erzeug­te Kol­packs ein­dring­li­che Schil­de­rung eine spür­ba­re Span­nung – man konn­te den Sand bei­na­he unter den Füßen knir­schen hören, die Unsi­cher­heit und das Risi­ko waren fast greifbar.

„Das waren die längs­ten Minu­ten mei­nes Lebens“, sag­te sie. Ein Satz, der im Saal eine Gän­se­haut­wel­le aus­lös­te und die beson­de­re Atmo­sphä­re die­ses Moments fühl­bar machte.

Ein Abend vol­ler Mut und Aufrichtigkeit

Zum Abschluss der Ver­an­stal­tung spen­de­ten die Gäs­te lang­an­hal­ten­den Applaus – nicht nur für die Lesung, son­dern für den Mut, die Offen­heit und die Ehr­lich­keit, mit der Kol­pack Ein­bli­cke in ihr Leben gewährte.

Mit ihren abschlie­ßen­den Wor­ten ließ sie das Publi­kum nach­denk­lich zurück:
„Das Leben ist zu kost­bar, um aufzugeben.“

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