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Land­kreis lässt sich mes­sen an der Kul­tur — Jah­res­rück­blick 2022, Teil 8

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Edith Pundt, Dol­lart, nicht datiert, Zeich­nung auf Foto­gra­fie auf Kar­ton, 70 x 100 cm, Foto: Jür­gen Bam­bro­wicz, © Kunst­haus Leer

Bür­ger­schaft­li­ches Enga­ge­ment und kom­mu­na­le Kul­tur­ar­beit ergän­zen und befruch­ten sich

Land­kreis lässt sich mes­sen an der Kul­tur — Jah­res­rück­blick 2022, Teil 8

 
Der frü­he­re Ober­kreis­di­rek­tor und Land­schafts-Prä­si­dent Peter Els­ter gab einst den Kreis­tags­ab­ge­ord­ne­ten eine klu­ge Erkennt­nis mit auf den Weg: “Ihr wer­det spä­ter nicht dar­an gemes­sen, wie­viel Stra­ßen ihr gebaut, son­dern was Ihr für die Kul­tur getan habt.” Die­ses gedank­li­che Ver­mächt­nis Els­ters wirkt bis heu­te und ist sicht­bar: Die Kul­tur im Land­kreis Leer genießt einen hohen Stellenwert.
 
Vie­le enga­gier­te Bür­ger, vie­le Ein­zel­künst­ler, kul­tu­rel­le Ver­ei­ne und Orga­ni­sa­tio­nen machen von sich reden. Mit Chö­ren, Thea­ter- und Tanz­grup­pen, Muse­en und Kunstkreisen.
 
Land­rat Mat­thi­as Groo­te stellt in sei­nem Jah­res­be­richt klar: “Kul­tur hat einen erheb­li­chen Anteil dar­an, dass unse­re Bür­ge­rin­nen und Bür­ger sich wohl­füh­len und ihre Frei­zeit abwechs­lungs­reich gestal­ten kön­nen. Grund­la­ge ist das bür­ger­schaft­li­che Engagement.”
 
Der Land­kreis und auch die Städ­te und Gemein­den unter­stüt­zen die­sen ehren­amt­li­chen Ein­satz. Meh­re­re Säu­len tra­gen die kul­tu­rel­le Arbeit des Land­krei­ses als staat­li­che Kör­per­schaft. Neben der Hane­burg mit der Volks­hoch­schu­le sind vor allem zu nen­nen die Ehe­ma­li­ge Jüdi­sche Schu­le, das Kunst­haus, die Kreis­mu­sik­schu­le und das Schloss Even­burg mit sei­nem Park. Kul­tur­amts­lei­te­rin Bir­git Zim­mer­mann fasst zusam­men: “Mit die­sem breit gefä­cher­ten kul­tu­rel­len Ensem­ble brau­chen wir kei­nen Ver­gleich zu scheu­en. Und was mich beson­ders freut: Wir begrü­ßen nicht nur vie­le  ein­hei­mi­sche Besu­cher und Gäs­te, son­dern auch mehr und mehr Tages­tou­ris­ten und Urlauber.”
Ehe­ma­li­ge Jüdi­sche Schule
Mit der Ehe­ma­li­gen Jüdi­schen Schu­le schafft der Land­kreis durch Aus­stel­lun­gen und kul­tu­rel­le Ver­an­stal­tun­gen einen Zugang zur Geschich­te des Hau­ses und zu jüdi­scher Kul­tur in der Region.
 
 
Zu nen­nen sind für 2022 ein Som­mer­fest, auf dem Valen­tin Klär sein Pro­jekt “Emi­gra­ti­ons­ge­schich­ten jüdi­scher Leera­ner und Leera­ne­rin­nen” vor­stell­te. Viel Anklang fand die Buch­vor­stel­lung “Wer­der Bre­men im Natio­nal­so­zia­lis­mus — Lebens­ge­schich­ten jüdi­scher Ver­eins­mit­glie­der” mit Fabi­an Ettrich und Tho­mas Hafke.
 
Die Fach­ta­gung “Anti­se­mi­tis­mus­prä­ven­ti­on und Demo­kra­tie­för­de­rung” wand­te sich an Leh­rer, Refe­ren­da­re, Stu­die­ren­de und Inter­es­sier­te. Die Lei­te­rin der Ehe­ma­li­gen Jüdi­schen Schu­le, Susan­ne Bracht, lei­te­te die Tagung gemein­sam mit Frie­de­ri­ke Hen­jes (Carl von Ossietz­ky Uni­ver­si­tät Olden­burg), Prof. Dr. Frau­ke Gritt­ner (Regio­nal-Päd­ago­gi­sches Zen­trum), Frau­ke Thees (Stu­di­en­se­mi­nar Leer) und Andre­as Scheep­ker (Arbeits­stel­le für evan­ge­li­sche Reli­gi­ons­päd­ago­gik Ostfriesland.
 
Die Son­der­aus­stel­lung “Le‘Chaim! Jüdi­sches Leben in Olden­burg” sowie Vor­trag und Gespräch mit Dr. Eli­sa­beth Schle­sin­ger, Vor­sit­zen­de der Jüdi­schen Gemein­de Olden­burg run­de­ten das Pro­gramm ab.
 

Kunst­haus Leer

Das Kunst­haus Leer lei­te­te das Jahr mit der Aus­stel­lung “Gerd Rokahr und die Druck­gra­phik der Moder­ne” ein. Es prä­sen­tier­te die Wer­ke des ost­frie­si­schen Künst­lers sowie Aus­zü­ge aus sei­ner umfang­rei­chen pri­va­ten Druck­gra­phik­samm­lung. Höhe­punkt des Jah­res war das zehn­jäh­ri­ge Bestehen des Kunst­hau­ses Leer dar, das mit der Som­mer­aus­stel­lung “Neue Bil­der zum Jubi­lä­um” und zahl­rei­chen Gäs­ten gefei­ert wur­de. Zu sehen waren Arbei­ten aus den jüngs­ten Samm­lungs­auf­nah­men mit ein­drucks­vol­len Expo­na­ten von Hart­mut Bleß, Wolf­gang Epp­le, Hel­mut Feld­mann, Marik­ke Heinz-Hoek und Edith Pundt.
 
Die Win­ter­aus­stel­lung “Nächt­li­che Impres­sio­nen” — noch bis zum 29. Janu­ar 2023 zu sehen — beschäf­tigt sich der Jah­res­zeit gemäß mit Dar­stel­lun­gen Ost­fries­lands und sei­ner fas­zi­nie­ren­den Him­mels­er­schei­nun­gen am nächt­li­chen Fir­ma­ment, her­vor­ge­bracht von Künst­lern und Künst­le­rin­nen der Gegen­wart in den Kate­go­rien Male­rei, Zeich­nung, Druck­gra­phik, Mail Art und Fotografie.
Kreis­mu­sik­schu­le
Die Kreis­mu­sik­schu­le mel­det, dass vier Schü­le­rin­nen aus der Gesangs­klas­se von Ange­la Hem­ken am Wett­be­werb Jugend Musi­ziert teil­ge­nom­men haben. Drei von ihnen schaff­ten über den Lan­des­wett­be­werb hin­aus den Sprung zum Bundeswettbewerb.
 
Der Öffent­lich­keit prä­sen­tier­ten sich die Schü­le­rin­nen und Schü­ler wäh­rend der “Jun­gen Kul­tur­wo­che”. Sie musi­zier­ten über eine gan­ze Woche in klei­ne­ren und grö­ße­ren Ensem­bles auf der Büh­ne im Even­burg­park. Den Abschluss bil­de­te ein Tag der offe­nen Tür. Lehr­kräf­te stell­ten ihre Instru­men­te vor, Besu­cher schnup­per­ten in die Welt der Musik und der Instru­men­te. Extra für die­sen Tag hat­te eine Mit­ar­bei­te­rin eine “Digi­ta­le Instru­men­ten­vor­stel­lung” ent­wi­ckelt, orga­ni­siert und zur “Jun­gen Kul­tur­wo­che” vor­ge­stellt. Besu­cher konn­ten sich mit Infor­ma­ti­ons­ta­feln und QR-Codes über alle Instru­men­te vor­ab informieren.
 
Für das neue Schul­jahr hat die Musik­schu­le wei­te­re Kin­der­ta­ges­stät­ten und Schu­len als Koope­ra­ti­ons­part­ner gewon­nen. So spannt sich das Netz­werk der Part­ner­schaf­ten mitt­ler­wei­le von Wymeer bis nach Sta­pel in Uple­n­gen. Die Schü­ler­zah­len bewe­gen sich auf dem Niveau des zurück­lie­gen­den Schul­jah­res mit leicht anstei­gen­der Tendenz.
Schloss Even­burg
Das Schloss Even­burg war­te­te wie­der mit her­aus­ra­gen­den Aus­stel­lun­gen und Events auf. Län­ger als ein hal­bes Jahr dau­er­te die Son­der­aus­stel­lung “Zau­ber beweg­ter Kind­heit”. Sie zeig­te zur Sai­son­er­öff­nung eine Viel­falt an Spiel­zeug und fah­ren­den Gefähr­ten der Kind­heit. Zu bestau­nen waren sel­te­ne Expo­na­te von 1880 bis in die Neu­zeit. Kin­der­mo­tor­rä­der, Flug­zeu­ge, Ruder­ren­ner oder Rol­ler mit unter­schied­li­chen Antriebs­sys­te­men fas­zi­nier­ten jun­ge und älte­re Gäste.
 
Als Gegen­pol wirk­te ein Raum, der den heu­ti­gen Medi­en­kon­sum von Kin­dern und Jugend­li­chen dar­bot. Im Erleb­nis­raum pro­bier­ten Gäs­te die eige­ne Geschick­lich­keit. Die Aus­stel­lung war dank der Zusam­men­ar­beit mit dem Deut­schen Fahr­rad­mu­se­um, Bad Brü­cken­au, der pri­va­ten Samm­lung May­er, Bad Endorf, und dem Ost­frie­si­schen Zwei­rad­mu­se­um, Dinus Voß, Emden möglich.
 
“Tul­pen gegen den Hun­ger” hieß es Ostern 2022. Gemäß einer Idee der Akti­ons­grup­pe Leer der Welt­hun­ger­hil­fe wur­den im Herbst 5.000 Zwie­beln im Park gepflanzt. Besu­cher haben sie in die­sem Früh­jahr gegen Spen­de geschnit­ten. Land­rat Mat­thi­as Groo­te und die Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Git­ta Con­ne­mann pflanz­ten gemein­sam mit Schü­le­rin­nen und Schü­lern der Daa­ler Schu­le die ers­ten Zwie­beln. Ende März waren die ers­ten Tul­pen schnitt­reif. Aus ganz Leer kamen die Men­schen, um die Blü­ten zu foto­gra­fie­ren oder sich einen Strauß zu schnei­den. Am Ende sum­mier­ten sich 2.420,10 Euro für ein Was­ser­pro­jekt in Sim­bab­we. Die Fir­ma Bru­no Nebe­lung GmbH aus Evers­win­kel, die Anwalts­kanz­lei Dr. Hapig & Kol­le­gen aus Leer und das Gra­fik Team Leer unter­stütz­ten die Aktion.
 
Ein Glanz­stück des Som­mers war die Ost­fries­land Bien­na­le. Der Ver­ein glei­chen Namens rich­te­te ein deutsch-nie­der­län­di­sches Kunst­fes­ti­val in der Ems-Dol­lart-Regi­on aus. 30 inter­na­tio­nal bekann­te und viel­ver­spre­chen­de Künst­ler zeig­ten ihre Wer­ke an beson­de­ren Orten. Im Park und Umfeld der Even­burg konn­ten Besu­cher gleich vier Kunst­wer­ke betrachten.
 
Das Kul­tur­netz­werk Leer nutz­te das För­der­pro­gramm des Lan­des “Durch­star­ten nach Coro­na” und rich­te­te eine “Jun­ge Kul­tur­wo­che” aus. Dazu gehör­ten ver­schie­de­ne Work­shops für Kin­der und Jugend­li­che zu The­men wie Upcy­cling, Graf­fi­ti oder Musik statt. Am 3. Juli stan­den im Even­burg­park mit dem Spiel­mo­bil und den Spaß­rä­dern sport­li­che Akti­vi­tä­ten und krea­ti­ve Ange­bo­te wie Künst­ler­bü­cher gestal­ten, Frei­es Malen oder Natur­man­da­las auf dem Programm.
 
“Lücht un Spö­öl bi d´Evenbörg – Mas­ke­ra­de”: Zum zwei­ten Mal ver­wan­del­te das Thea­ter ANU in Koope­ra­ti­on mit der Tou­ris­tik GmbH “Süd­li­ches Ost­fries­land” den Park in eine illu­mi­nier­te Traumwelt.
 
Die Son­der­aus­stel­lung “Peter August Böck­stie­gel. Expres­sio­nis­mus” mit Wer­ken aus der Samm­lung Bun­te läuft noch bis zum 10.Januar. Böck­stie­gel (1889 – 1951) gilt als einer der bedeu­tends­ten Künst­ler des 20. Jahr­hun­derts aus West­fa­len und ist ein Ver­tre­ter der soge­nann­ten “zwei­ten Gene­ra­ti­on” des deut­schen Expres­sio­nis­mus. Pro­fes­sor Her­mann-Josef Bun­te leiht dem Schloss aus­drucks­star­ke Gemäl­de und Aquarelle.

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