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Leer 1945: Geden­ken an fünf ermor­de­te Frei­heits­kämp­fer – Die grau­sa­me Spur des „Haupt­mann Herold“

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Im Vor­der­grund: Bür­ger­meis­ter Claus-Peter Horst und Refe­ren­tin Lea Horst­mann. Im gut besuch­ten his­to­ri­schen Fest­saal des Rat­hau­ses schil­der­te Horst­mann die grau­sa­men Ver­bre­chen von Wil­li Herold – rund 80 Gäs­te ver­folg­ten ihren ein­dring­li­chen Vor­trag zur Erin­ne­rung und Mahnung.

Geden­ken an fünf nie­der­län­di­sche Wider­stands­kämp­fer – Erin­ne­rung an die Opfer von Westerhammrich

Leer, 25. April 2025 – In einer bewe­gen­den Gedenk­fei­er erin­ner­te die Stadt Leer heu­te an die grau­sa­me Ermor­dung von fünf nie­der­län­di­schen Frei­heits­kämp­fern, die vor genau 80 Jah­ren von dem berüch­tig­ten Kriegs­ver­bre­cher Wil­li Herold erschos­sen wur­den. Ange­hö­ri­ge der Opfer, Ver­tre­ter der Stadt und zahl­rei­che Bür­ger ver­sam­mel­ten sich am his­to­ri­schen Tat­ort im Wes­ter­hamm­rich, um Blu­men und Krän­ze nie­der­zu­le­gen und der Opfer zu gedenken.

Trau­er und Erin­ne­rung am Ort des Verbrechens

Die Gedenk­ver­an­stal­tung am Nach­mit­tag wur­de von Bür­ger­meis­ter Claus-Peter Horst beglei­tet. Gemein­sam mit Rats­ab­ge­ord­ne­ten, Ange­hö­ri­gen der Opfer und Bür­ge­rin­nen und Bür­gern gedach­te er der nie­der­län­di­schen Wider­stands­kämp­fer Kor­ne­lis Pie­ter Fiel­stra, Johan­nes Ger­har­dus Kok, Caro­lus Hen­ri­cus Huber­tus Mager­mans, Johan­nes Adria­nus Mager­mans und Johan­nes Ver­biest. Unter den Anwe­sen­den waren auch Kees Fiel­stra, Sohn eines der Opfer, sowie sei­ne Toch­ter Debbie, sein Nef­fe Kees Bak­ker mit Ehe­frau Saak­je und John van Hen­gel­a­ar, der Nef­fe des getö­te­ten Johan­nes Verbiest.

Seit eini­gen Jah­ren erin­nert eine Gedenk­ta­fel im Wes­ter­hamm­rich an das grau­sa­me Ver­bre­chen, das sich hier am 21. April 1945 ereig­ne­te – nur weni­ge Tage vor dem Ende des Zwei­ten Weltkriegs.

Rosen am Rat­haus – his­to­ri­sche Ver­bin­dung zum Verbrechen

Bereits am Vor­mit­tag hat­ten Ange­hö­ri­ge sowie Ver­tre­ter der Stadt Rosen an einer wei­te­ren Gedenk­ta­fel am Sei­ten­ein­gang des Rat­hau­ses nie­der­ge­legt. Wäh­rend der Kriegs­jah­re war im Leera­ner Rat­haus auch eine Poli­zei­wa­che mit Gefäng­nis­zel­len unter­ge­bracht. Hier waren die fünf Nie­der­län­der vor­über­ge­hend inhaf­tiert, bevor Herold sie aus dem Gefäng­nis holen ließ und auf eige­ne Faust ein Stand­ge­richt abhielt.

Herold: Der fal­sche Haupt­mann und sei­ne blu­ti­ge Spur

Ein Vor­trag im his­to­ri­schen Fest­saal der Stadt ver­tief­te am Abend das his­to­ri­sche Ver­ständ­nis für die Ereig­nis­se rund um Wil­li Herold. Lea Horst­mann, stu­den­ti­sche Mit­ar­bei­te­rin der Gedenk­stät­te Ester­we­gen, schil­der­te vor rund 80 Zuhö­rern die Gewalt­ta­ten Herolds und sei­ner Männer.

Der damals erst 19-jäh­ri­ge Gefrei­te Herold hat­te sich eine Haupt­manns-Uni­form ange­eig­net und sich damit eigen­mäch­tig zum Offi­zier erklärt. Was folg­te, war eine grau­sa­me Mord­se­rie, unter ande­rem im Ems­land­la­ger Aschen­dor­fer­moor, wo er und sei­ne Gefolgs­leu­te zwi­schen dem 11. und 20. April 1945 min­des­tens 172 Gefan­ge­ne ermor­de­ten. Beson­ders scho­ckie­rend war das Mas­sa­ker vom 12. April, bei dem Herold ein Flak­ge­schütz gegen Häft­lin­ge ein­set­zen ließ – anschlie­ßend kamen Maschi­nen­ge­weh­re und Hand­gra­na­ten zum Einsatz.

Die letz­te Etap­pe: Leer und das Todes­ur­teil für die fünf Niederländer

Am 21. April 1945 traf Herolds Trup­pe in Leer ein und bezog Quar­tier im dama­li­gen Hotel Ora­ni­en in der Brun­nen­stra­ße. Dort ließ er sich die fünf nie­der­län­di­schen Zivi­lis­ten aus dem Poli­zei­ge­fäng­nis im Rat­haus über­stel­len. Sie waren nach Leer gekom­men, um nie­der­län­di­sche Zwangs­ar­bei­ter zurück in ihre Hei­mat zu brin­gen – eine huma­ni­tä­re Mis­si­on, die mit dem Leben bezahlt wurde.

Bei einem soge­nann­ten Stand­ge­richt im Gast­hof Schüt­zen­gar­ten in Heis­fel­de ver­ur­teil­te Herold die Män­ner zum Tode. Ohne recht­li­che Grund­la­ge, ohne Anhö­rung, ohne Ver­tei­di­gung. „Er war wie von Sin­nen, gera­de­zu wahn­sin­nig“, beschrieb Lea Horst­mann den Zustand des fal­schen Offiziers.

Nach­kriegs­jus­tiz: Herolds Ende

Herold wur­de am 23. Mai 1945 von der Roy­al Navy in Wil­helms­ha­ven ver­haf­tet. Ein bri­ti­sches Mili­tär­ge­richt ver­ur­teil­te ihn zum Tode – die Hin­rich­tung erfolg­te im Dezem­ber 1946 in Wol­fen­büt­tel. Im Vor­feld hat­te Herold auf Anwei­sung der bri­ti­schen Mili­tär­ver­wal­tung bei der Exhu­mie­rung der rund 195 Lei­chen gehol­fen, die er und sei­ne Män­ner im Aschen­dor­fer­moor ver­scharrt hatten.

Mah­nung für die Zukunft

Die heu­ti­ge Gedenk­fei­er in Leer ist nicht nur ein Zei­chen des Erin­nerns, son­dern auch ein Appell gegen das Ver­ges­sen. Bür­ger­meis­ter Horst beton­te in sei­ner Anspra­che, wie wich­tig es sei, „die Geschich­ten der Opfer sicht­bar zu machen und wach­zu­hal­ten – für eine Zukunft, in der Mensch­lich­keit, Rechts­staat­lich­keit und Frie­den an ers­ter Stel­le stehen.“

Die Namen der fünf nie­der­län­di­schen Wider­stands­kämp­fer leben wei­ter – nicht nur auf der Gedenk­ta­fel im Wes­ter­hamm­rich, son­dern im Bewusst­sein einer Stadt, die sich ihrer Ver­ant­wor­tung stellt.


 

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