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Von Guinea nach Ostfriesland: Ibrahima Keita elektrisiert das Handwerk
Ausbildungsberater Jörg Harms (l.) und Chef Horst Fischer (r.) freuten sich mit Ibrahima Keita (Mitte) über die Auszeichnung zum Lehrling des Monats.
Zu Fuß ins Handwerk: Ibrahima Keita ist Lehrling des Monats Juni
Von Guinea nach Ostfriesland – der beeindruckende Weg eines jungen Elektronikers
Ostfriesland – Der Weg ins Handwerk kann mitunter lang und beschwerlich sein – im Fall von Ibrahima Keita sogar buchstäblich. Der 30-Jährige ist derzeit Auszubildender im ersten Lehrjahr bei Horst Fischer Elektrotechnik in Westoverledingen und wurde nun von der Handwerkskammer für Ostfriesland als Lehrling des Monats Juni ausgezeichnet. Eine Anerkennung, die nicht nur für sein handwerkliches Talent steht, sondern vor allem für seinen unerschütterlichen Mut, seine Zielstrebigkeit – und seine ganz besondere Geschichte.
„Alles, was mit Elektrotechnik zu tun hat, hat mich schon immer fasziniert“, sagt Keita. Zwischen Schaltplänen, Kabeln und Sicherungskästen fühlt er sich zu Hause. Und das spürt auch sein Ausbildungsbetrieb: „Egal welche Aufgabe man ihm gibt – er findet eine Lösung. Und das oft auf einem Niveau, das man eher im dritten Lehrjahr erwarten würde“, lobt Ausbilder Horst Fischer stolz.
Dass Keita heute in Ostfriesland lebt, ist das Ergebnis einer außergewöhnlichen Reise. Geboren und aufgewachsen in Guinea, hatte er dort bereits ein Bachelorstudium in Telekommunikation abgeschlossen und arbeitete als Mobilfunkinstallateur. Doch die Perspektiven zur Weiterentwicklung fehlten. Anfang 2022 zog er weiter – mit dem Ziel, in der Ukraine Informatik zu studieren. Doch kaum angekommen, begann der russische Angriffskrieg. „Ich wusste: Ich muss wieder weg“, erzählt er.
Seine Reise führte ihn nach Deutschland – zu Fuß, weil das Geld für andere Wege fehlte. Über mehrere Länder, mit einer längeren Zwangspause in Polen wegen einer Fußverletzung, gelangte er schließlich nach Ostfriesland. „Erholen war keine Option“, sagt Keita rückblickend. Stattdessen startete er sofort einen Deutschkurs an der Volkshochschule Leer – denn außer Französisch sprach er keine der hierzulande gängigen Sprachen – und suchte aktiv nach Ausbildungsplätzen.
Trotz vieler Bewerbungen hagelte es zunächst Absagen. Erst durch Ali Koné, Vorsitzender der Afrikanischen Diaspora in Leer, kam der Kontakt zu Horst Fischer zustande – ein Glücksfall für beide Seiten. „Ich habe sofort gemerkt: Ibrahima bringt nicht nur Wissen mit, sondern auch Begeisterung, Verantwortung und Teamgeist“, erinnert sich der Elektroinstallateurmeister.
Horst Fischer, der seinen Betrieb seit über 20 Jahren führt, legt großen Wert auf ein gutes Miteinander. „Wir sind wie eine kleine Familie“, sagt er – und meint das wörtlich: Gemeinsam mit seiner Bürokraft Bettina Schadek unterstützte er Keita bei vielen Behördengängen. Insgesamt arbeiten sieben Menschen in dem auf Elektrotechnik, Netzwerke und Gebäudeintegration spezialisierten Unternehmen.
Die Handwerkskammer für Ostfriesland nutzt die Auszeichnung zum Lehrling des Monats, um auf die Perspektiven einer Ausbildung im Handwerk aufmerksam zu machen. Für Ausbildungsberater Jörg Harms ist Keita ein Paradebeispiel: „Sie zeigen, was möglich ist, wenn man wirklich will. Ihre Geschichte ist eine Inspiration – nicht nur für andere Lehrlinge, sondern auch für Betriebe.“
Keitas Ziel? Erst einmal die Ausbildung erfolgreich abschließen – und dann möglichst bald seinen Meister machen. Wer ihm zuhört, glaubt sofort, dass auch dieser Weg gelingen wird. Und wenn nötig – geht er ihn wieder zu Fuß.
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