Politik
„Schwitzen statt sitzen.” Ersatzfreiheitsstrafen vermeiden
Foto: Justizvollzugsanstalt Lingen — Ingo Tonsor@LeserECHO
Kümmern und helfen
Niedersachsen vermeidet Ersatzfreiheitsstrafen durch eine aktive Einbindung der Gerichtshilfe / Über 2.700 Kontaktaufnehmen zu Betroffenen im Jahr 2021
Niedersachsen unternimmt erhebliche Anstrengungen, um den Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen zu verhindern. Über 46.000 Hafttage konnten im Jahr 2021 vermieden werden durch Programme wie die „Geldverwaltung statt Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe” oder „Schwitzen statt sitzen.” Siehe hier . Vor allem die in freier Trägerschaft befindlichen Anlaufstellen für Strafffälligenhilfe leisten dabei sehr wertvolle Arbeit.
Bundesweit gibt es seit einiger Zeit immer wieder den Vorschlag, aktiver auf die Betroffenen zuzugehen, um Ersatzfreiheitsstrafen zu vermeiden. Niedersachsen geht diesen Weg bereits seit zwei Jahren! Erstmals liegen dazu jetzt Zahlen vor. Danach konnte in über 2.700 Fällen Hilfe geleistet werden.
Zum Ablauf
Seit Sommer 2020 binden die Staatsanwaltschaften die Gerichtshilfe des Ambulanten Justizsozialdienstes (AJSD) in die Geldstrafenvollstreckung ein. Hierbei werden sozialarbeiterische Aspekte in dem sonst juristisch geprägten Prozess der Geldstrafenvollstreckung berücksichtigt. Verurteilten Personen wird von Justizsozialarbeitern verdeutlicht, dass die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe unmittelbar bevorsteht — und es soll gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden. Hierdurch sollen insbesondere die Menschen erreicht werden, die mit der Situation überfordert sind und den Überblick über ihre Situation komplett verloren haben. Die Staatsanwaltschaften sind aufgefordert, die Gerichtshilfe spätestens bei der Ladung zum Strafantritt im Falle der erstmaligen Verurteilung zu einer Geldstrafe einzubinden.
Zu den Zahlen
Von den im Jahr 2021 insgesamt 3.998 Verfahren, in denen der AJSD eingebunden wurde, konnte in 2.744 Verfahren (68,63%) ein Kontakt zum dem oder der Betroffenen hergestellt und im Gespräch ein Vorschlag zur Tilgung der Geldstrafe erarbeitet werden. Vornehmlich wurden dabei Anträge auf Ratenzahlungsvereinbarungen gestellt (2.620 Fälle). In 110 Fällen wurde ein Antrag auf Ableistung gemeinnütziger Arbeit gestellt. In 14 Fällen kam es zu einer Weiterleitung an die Anlaufstellen für Straffällige. In den Fällen, in denen kein Kontakt zu den Betroffenen hergestellt werden konnte, lag dies im Wesentlichen daran, dass die Betroffenen nicht angetroffen wurden oder eine Unterstützung ablehnten. Von den 3.998 Fällen Verfahren konnten 89,91% innerhalb der ersten vier Wochen bearbeitet und beendet werden.
Das sagt Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza:
„Aus Berlin kam zuletzt die Idee, dem Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe mit einer Halbierung der Haftdauer zu begegnen. Das sei ein Neustart in der Strafrechtspolitik. Diese Idee entlastet vielleicht unsere Haftanstalten, weil die Betroffenen zum Beispiel nicht mehr 20, sondern nur noch 10 Tage bleiben. Die Zahl der Betroffenen wird durch diesen vermeintlichen „Neustart” jedoch nicht halbiert.
Die eigentliche Arbeit leisten die Länder, so wie wir in Niedersachsen, und die Anlaufstellen für Straffälligenhilfe. Auf die Betroffenen zuzugehen, um Ersatzfreiheitsstrafen zu vermeiden, ist anstrengend, personalintensiv und teuer. Und dennoch: Erst der Aspekt der Sozialarbeit ist das, was den Betroffenen wirklich hilft! Denn häufig gehen der Verurteilung zu einer Geldstrafe Suchtprobleme, Wohnungslosigkeit, familiäre Zerrüttung, Sprachprobleme oder Schulden voraus. Die Justiz muss hier also letztlich Probleme lösen, die viel früher entstanden sind.”
Zur Illustration der Arbeit der Gerichtshilfe: Echte Fallbeispiele aus dem Jahr 2021 in Niedersachsen
- Ein Betroffener wird beim zweiten Anlauf in seiner Wohnung angetroffen. Sowohl im Briefkasten als auch in der Wohnung stapeln sich ungeöffnete Briefe. Auf Nachfrage berichtet der Klient, dass er die Post nur unregelmäßig oder gar nicht öffne. Es würden immer nur schlechte Dinge darinstehen. Im Gespräch kann eine Lösung erarbeitet werden. Die Bedingungen zur Ableistung gemeinnütziger Arbeit (Projekt „Schwitzen statt Sitzen”) werden geklärt; es wird über eine mögliche Ratenzahlung informiert, auf Vereine der freien Straffälligenhilfe wird hingewiesen.
- Ein Betroffener wird zuhause angetroffen, nachdem er einen Termin im Büro nicht wahrgenommen hat. Er wirkt überrascht und gibt an, das Schreiben nicht erhalten zu haben. Zum Sachverhalt teilt er mit, er wisse worum es geht. Er habe eine Geldstrafe nicht gezahlt. Es täte ihm leid. Es sei ihm alles über den Kopf gewachsen. Finanzielle Probleme und Nachbarschaftsstreitigkeiten belasteten ihn. Er wisse nicht mehr, wie er alles bewältigen solle und rechne mit Abholung durch Polizei und somit einer Inhaftierung. Es wird über seinen Werdegang gesprochen und über seine Verbindlichkeiten. Letztlich erfolgt die Vereinbarung, dass der Staatsanwaltschaft eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von 50 Euro sowie eine Anbindung an örtliche Schuldenberatung vorgeschlagen wird.
- Ein älterer Mann, bislang nie straffällig geworden, begeht hinter dem Rücken seiner erkrankten Frau kleinere Ladendiebstähle. Die Geldstrafen konnte er nicht an seiner Frau vorbei bezahlen, da sie trotz ihrer Erkrankung noch die häusliche Geldverwaltung unter sich hatte. So kam es zur Ladung zum Strafantritt. Im Gespräch konnte der Betroffene überzeugt werden, sich der Frau zu öffnen; eine Ratenzahlung wurde unter ihrer Mitwirkung vereinbart.
- Eine Betroffene folgt der ersten Einladung und erscheint pünktlich zum Gesprächstermin. Im Gespräch erklärt die Klientin, die Hoffnung auf eine Lösung ihrer Probleme bereits verloren und Post der Staatsanwaltschaft nicht mehr geöffnet zu haben. Durch die Kontaktaufnahme des AJSD konnte der Klientin eine Perspektive gegeben und Unterstützung angeboten werden. Die Lebenssituation der Klientin konnte besprochen und eine Ratenzahlung mit der Staatsanwaltschaft vereinbart werden.
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Politik
Wachstumschancengesetz 2023: Bessere Abschreibungsmöglichkeiten für den Wohnungsbau
Kabinettsbeschluss: Bessere Abschreibungsmöglichkeiten für den Wohnungsbau
Das Bundeskabinett hat am 30. August 2013 das Wachstumschancengesetz verabschiedet. Die degressive Abschreibung auf Abnutzung (AfA) für Wohngebäude ist ein zentraler Baustein des Gesetzes. Zusätzlich wurde verabredet, bis Ende September ein Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der Bau- und Immobilienbranche zu beraten.
Offizielles Portrait BM’in Klara Geywitz
Dazu erklärt Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: “Die degressive AfA für den Wohnungsbau als Teil des Wachstumschancengesetzes hat das Potential, die Bau- und Immobilienbranche deutlich zu stärken. Sechs Prozent, die nächsten sechs Jahre: Wer mit dem Bau innerhalb der nächsten sechs Jahre beginnt, soll die neue AfA nutzen können. Das ermöglicht es der Branche, Investitionskosten schneller abzuschreiben. Damit werden wiederum schneller Investitionen in neuen Wohnraum möglich. Unsere Regelung sieht keine Baukostenobergrenzen vor. Es kann ab einem Effizienzstandard 55 gebaut werden und die attraktive Abschreibung gilt für alle Bauprojekte mit Baubeginn ab dem 1. Oktober 2023.
Aber nicht nur mit diesem Angebot an die Bau- und Immobilienbranche wollen wir den Wohnungsbau in Deutschland wieder in Schwung bringen. Bis Ende September werden wir als Bundesbauministerium federführend für die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket erarbeiten, dass der Bau- und Immobilienbranche weitere Wachstumsimpulse geben soll. Damit unterstreicht die Bundesregierung die Bedeutung der Branche für die deutsche Volkswirtschaft und die herausragende Notwendigkeit von mehr Wohnraum in unserem Land. Dies, zusammen mit weiteren Maßnahmen, wie der Förderung des sozialen Wohnungsbaus in Rekordhöhe und der Unterstützungsleistungen beim klimafreundlichen Neubau in Milliardenhöhe, wird zu einem Aufwuchs an neuem Wohnraum führen.”
Hintergründe zur degressiven AfA
Warum führen wir eine zeitlich befristete degressive AfA ein?
Die Baubranche steckt in einer Krise. Die Erhöhung der linearen AfA von 2 Prozent auf 3 Prozent und eine Sonder-AfA für besonders klimafreundlichen Neubau waren bereits hilfreiche Maßnahmen, reichen aber noch nicht aus, um ausreichend Investitionen anzustoßen.
Die degressive AfA bildet den Wertverzehr von Wohngebäuden besser ab. Wertverzehr bedeutet: In neuen Gebäuden verbaute Technik wird oft innerhalb von wenigen Jahren durch neue Entwicklungen überholt. Dadurch verlieren Gebäude zu Anfang schneller an Wert. Die degressive Abschreibung fördert die schnellere Refinanzierung von getätigten Investitionen.
Wie sind die Konditionen und für welche Gebäude gilt die degressive AfA?
Die degressive Abschreibung gilt ausschließlich für neu gebaute bzw. neu erworbene Wohngebäude und Wohnungen.
Im ersten Jahr können 6 Prozent der Investitionskosten steuerlich geltend gemacht werden. In den folgenden Jahren können jeweils 6 Prozent des Restwertes steuerlich geltend gemacht werden.
Ein Wechsel zur linearen AfA ist möglich.
Beispielrechnung: Bei 400.000 Euro Investitionskosten sind es im ersten Jahr 24.000 Euro (6 Prozent von 400.000), im zweiten Jahr 22.560 Euro (400.000 Euro abzüglich der 24.000 Euro vom ersten Jahr = 376.000 Euro Restwert).
Der Baubeginn des Wohngebäudes muss zwischen dem 1. Oktober 2023 und dem 30. September 2029 liegen.
Beim Erwerb einer Immobilie muss der Vertrag zwischen dem 1. Oktober 2023 und dem 30. September 2029 rechtswirksam geschlossen werden. Die Immobilie muss bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung erworben werden.
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Kükentöten: Özdemir plant Gesetzesanpassung zu Lasten schmerzempfindlicher Embryonen
Deutscher Tierschutzbund: „BMEL knickt vor Branche ein!“
Kükentöten: Özdemir plant Gesetzesanpassung zu Lasten schmerzempfindlicher Embryonen
Medienberichten zu Folge will das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) die Vorgaben des Kükentötungs-Verbots lockern und die Vernichtung von Hühnerembryonen nach dem 7. Bruttag auch zukünftig erlauben. Bereits seit dem 1. Januar 2022 ist es verboten, geschlüpfte Eintagsküken zu töten. Ab dem 1. Januar 2024 sollte das von der damaligen Bundesministerin Julia Klöckner erlassene Gesetz zur Kükentötung vollständig greifen: mit einem Verbot, das auch die Tötung schmerzempfindlicher Embryonen im Ei nach dem 7. Bruttag einschließt. Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, kommentiert zu den neuen Entwicklungen:
„Cem Özdemir ( Die Grünen ) tappt jetzt in die Falle, die ihm seine Vorgängerin mit einem unzureichenden Gesetzentwurf gestellt hat. Julia Klöckner ( CDU ) hat nie die Systemfrage gestellt, sondern wollte lediglich eine technische Lösung, um das tierschutzfeindliche System der Hochleistungseierproduktion zu erhalten. Der grundlegende Fehler dieses Gesetzes war, dass man der Industrie mit der Geschlechtsbestimmung im Ei sowie der Tötung von Embryonen ein Schlupfloch gelassen hat, welches diese nun aus ökonomischen Interessen nutzt. Tierschutzminister Cem Özdemir muss dem Bundestag rasch einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Problematik des Kükentötens an ihrer Wurzel packt, statt nur die Symptome des Systems einer einseitig spezialisierten Hochleistungszucht zu behandeln. Das Kükentöten, ob im Ei oder nach dem Schlüpfen, ist rigoros zu verbieten. Hingegen muss die Umstellung auf sogenannte Zweinutzungshühner angestrebt und gefördert werden. Alle anderen Alternativen stellen den wirtschaftlichen Nutzen über den Tierschutz und verstoßen somit gegen das im Grundgesetz verankerte Staatsziel Tierschutz.“
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CDU-Fraktionsvize übernimmt auch Vorsitz vomneugegründeten Parlamentskreis Mittelstand (PKM)
Der Vorstand des Parlamentskreises Mittelstand in der CDU-Landtagsfraktion, v.l.:Peter Luths, stellvertretender Vorsitzender der MIT Niedersachsen, Colette Thiemann, Carina Hermann, Marcel Scharrelmann, Christian Fröhlich, Cindy Lutz, Uwe Dorrendorf, Ulf Thiele, Jörn Schepelmann, Claus Seebeck, Melanie Reinecke, Marco Mohrmann, Martina Machulla und Reinhold Hilbers.Einen „Parlamentskreis Mittelstand“ (PKM) hat am Freitagnachmittag ( 27.01.2023 ) die CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag aus den Reihen ihrer Fraktionsmitglieder gegründet. 39 Fraktionsmitglieder haben sich der Fraktionsgruppe angeschlossen. Sie wählten in der konstituierenden Sitzung den stellvertretenden CDU-Fraktionsvorsitzenden Ulf Thiele aus Ostfriesland einstimmig zu ihrem Vorsitzenden.Seine gleichberechtigten Stellvertreter sind Cindy Lutz (Wolfsburg), Marco Mohrmann (Zeven) und Jörn Schepelmann (Eicklingen). Schatzmeister des PKM ist Reinhold Hilbers (Wietmarschen), Justiziarin ist Martina Machulla (Hannover), Ombutsmann gegen Überbürokratisierung ist Uwe Dorrendorf (Lüchow), und zur Geschäftsführerin des PKM wurde die Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU-Landtags-fraktion, Carina Hermann (Göttingen) gewählt. Zu Obleuten im PKM-Vorstand wählten die Mitglieder die Abgeordneten Christian Fröhlich (Rosdorf), Axel Miesner (Lilienthal), Melanie Reinecke (Stade), Marcel Scharrelmann (Diepholz), Claus Seebeck (Geestland), Colette Thiemann (Stadthagen) und Björn Thümler (Berne).CDU-Fraktionsvorsitzender Sebastian Lechner (Neustadt) dankte in seiner Begrüßung den PKM-Mitgliedern für ihre Bereitschaft „der CDU-Fraktion überall in der Fläche Niedersachsens im Mittelstand das Angebot zur Zusammenarbeit mit der CDU-Landtagsfraktion zu machen“. Der stellvertretende Landesvorsitzende der Mittelstandsunion Niedersachsen, Peter Luths (Lüneburg) freute sich über die Neugründung des Parlamentskreises Mittelstand und bot die enge Zusammenarbeit mit dem Landesvorstand der Mittelstandsunion an.„Die Arbeit des Parlamentskreises Mittelstand wird ihre Schwerpunkte darin haben, den Betrieben und Verbänden in Niedersachsen Gesprächsangebote zu machen, damit wir als CDU-Landtagsfraktion das Ohr am Puls der mittelständischen Betriebe haben und für ihre Interessen und die ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter politisch arbeiten. Wir wollen Politik für die Fleißigen in Niedersachsen gestalten. Denn sie bringen jeden Tag mit ihrer Arbeit unser Land voran“, erklärte Ulf Thiele seine Motivation für die Arbeit im PKM.
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