Politik
„Ostfriesland wirtschaftlich neu aufstellen“


Ulf Thiele fordert zu einem „neuen Denken“ auf / Schuldzuweisungen helfen nicht
Als „schlimme Entwicklung“ für die Beschäftigten und deren Familien hat der CDU-Landtagsabgeordnete Ulf Thiele den Arbeitsplatzabbau beim ostfriesischen Windanlagenbauer Enercon bezeichnet. Vorrangiges Ziel von Geschäftsleitung, Arbeitnehmervertretern, Gewerkschaftern und Politik müsse sein, wo immer möglich, mit dem Instrument der Kurzarbeit bestehende Arbeitsplätze zu retten. Darüber hinaus sei zu prüfen, mit Hilfe einer Auffanggesellschaft und einem fairen Sozialplan die Folgen für die betroffenen Mitarbeiter des Enercon-Konzerns sowie der Zulieferbetrieben zu mildern und diesen Mitarbeitern neue Perspektiven zu eröffnen.
Er dankte in diesem Zusammenhang dem niedersächsischen Wirtschaftsministers Althusmann für die sofortige Reaktion und die Gespräche mit Geschäftsführung und Gewerkschaften sowie für das Angebot, die notwendige Unterstützung zu organisieren und zu koordinieren. Thiele forderte in diesem Zusammenhang auch ein erhebliches finanzielles Engagement des Unternehmens für die betroffenen Mitarbeiter ein. „Die Rücklagen des Unternehmens wurden nicht zuletzt in Deutschland und von diesen Mitarbeitern erwirtschaftet. Enercon trägt Verantwortung für diese Menschen und muss dieser gerecht werden“, so Ulf Thiele.
Die schwierige Situation des Unternehmens sei durch schlechte Rahmenbedingungen, aber offenkundig auch durch unternehmerische Fehlentscheidungen entstanden. Ulf Thiele hob hervor, dass erstmals Fehler in der Modellpolitik eingestanden wurden. „Nur mit einer offenen und transparenten Fehleranalyse kann sich das Unternehmen neu aufstellen.“ Gleichzeitig warnte er aber vor einer Diskussion, in deren Mittelpunkt Schuldzuweisungen stünden. Denn „die helfen nicht weiter“, so Ulf Thiele. Und: „Die Fehler, die bei der ersten Entlassungswelle gemacht wurden, dürfen sich nicht wiederholen. Juristische Winkelzüge zulasten der Mitarbeiter in den Konzern-Töchtern und eine Verweigerungshaltung gegenüber den Gewerkschaften verschärfen die Krise und lösen sie nicht.“
Auch die Politik sei gefordert: Windenergie müsse auch im dicht besiedelten Deutschland eine Zukunft haben. Sonst scheitert die Energiewende. „Wir müssen die Abstände der Windenergiestandorte zu FFH-Schutzgebieten und zum Naturschutzgebieten reduzieren“, um so mehr Anlagen zuzulassen. Gleichzeitig müssten die Konflikte zur Wohnbevölkerung reduziert werden. Als „klugen Weg“ bezeichnete Ulf Thiele daher die Einführung einer 1000-Meter-Abstandsregelung zu Wohngebieten. „Damit wird das Konflikt-Potenzial deutlich reduziert.“
„Wir werden unsere Region wirtschaftlich neu aufstellen müssen“, erklärte Ulf Thiele mit Blick auf den massiven Abbau von Industriearbeitsplätzen nicht nur bei Enercon und VW, sondern auch bei zahlreichen Zulieferbetrieben. Gefordert sei ein „neues Denken“. Ein wichtiger Ansatz dafür sei die Initiative der Ems-Achse für eine Projektfabrik, die gemeinsam mit den Unternehmen und der Hochschule Emden-Leer Zukunftsperspektiven für die Region erarbeiten will. „Wir müssen die Stärken Ostfriesland und seiner Menschen nutzen und neue ökonomische Standbeine und damit Arbeitsplätze insbesondere in Zukunftstechnologien entwickeln“, forderte Ulf Thiele. Die Wasserstofftechnologie, E‑Mobilität, die Smart-Home-Technologie, die Agrarwirtschaft, die maritime Wirtschaft, aber weiterhin auch die und Onshore- und die Offshore-Windenergie könnten seiner Meinung nach wichtige Standbeine für diese Zukunftsentwicklung sein.
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Politik
Meta Janssen-Kucz: Erdgasförderung vor Borkum trägt zur Zerstörung der Lebensgrundlagen auf der Insel und im Meer bei.


Zur Ankündigung der Landesregierung, die Erdgasförderung in einem zweiten Feld vor Borkum zu bewilligen, erklärt die Borkumer Landtagsabgeordnete Meta Janssen-Kucz:
“Auch wenn die Erdgassuche von der SPD/CDU Landesregierung durch das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie LBEG genehmigt wurde, stehen aber Umweltverträglichkeitsprüfungen und damit das gesamte rechtsstaatliches Genehmigungsverfahren noch aus. Zudem sind die Klagen von deutschen und niederländischen Umweltverbänden und der Stadt Borkum noch lange nicht entschieden, bisher sind seitens der Gasförderfirmen auch keine vollständigen Unterlagen eingereicht. Die politische und juristische Arbeit gegen die geplante Erdgasförderung vor Borkum geht weiter!
Fakt ist, dass die Haltung der Grünen in Niedersachen gegen die neuen Gasförderungen klar ist und das heißt für mich als Grüne und Insulanerin, keine Regierungsbeteilung ohne Stop der Erlaubnis der Gasförderungen! Eine Erdgasförderung, die frühestens in zwei Jahren und dann nur geringe Mengen des aktuellen deutschen Gasbebedarfs decken kann, trägt zur Zerstörung der Lebensgrundlagen auf der Insel und im Meer bei. Die Gasförderung würde nicht der Versorgungssicherheit in den nächsten zwei Wintern helfen. Gemeinsam können wir 10–15 Prozent der bisher verbrauchten Energie in den unterschiedlichsten Bereichen einsparen. Wir haben es gemeinsam in der Hand: fürs Klima und gegen den Kriegsverbrecher Putin.”
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Politik
„Schwitzen statt sitzen.” Ersatzfreiheitsstrafen vermeiden


Foto: Justizvollzugsanstalt Lingen — Ingo Tonsor@LeserECHO
Kümmern und helfen
Niedersachsen vermeidet Ersatzfreiheitsstrafen durch eine aktive Einbindung der Gerichtshilfe / Über 2.700 Kontaktaufnehmen zu Betroffenen im Jahr 2021
Niedersachsen unternimmt erhebliche Anstrengungen, um den Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen zu verhindern. Über 46.000 Hafttage konnten im Jahr 2021 vermieden werden durch Programme wie die „Geldverwaltung statt Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe” oder „Schwitzen statt sitzen.” Siehe hier . Vor allem die in freier Trägerschaft befindlichen Anlaufstellen für Strafffälligenhilfe leisten dabei sehr wertvolle Arbeit.
Bundesweit gibt es seit einiger Zeit immer wieder den Vorschlag, aktiver auf die Betroffenen zuzugehen, um Ersatzfreiheitsstrafen zu vermeiden. Niedersachsen geht diesen Weg bereits seit zwei Jahren! Erstmals liegen dazu jetzt Zahlen vor. Danach konnte in über 2.700 Fällen Hilfe geleistet werden.
Zum Ablauf
Seit Sommer 2020 binden die Staatsanwaltschaften die Gerichtshilfe des Ambulanten Justizsozialdienstes (AJSD) in die Geldstrafenvollstreckung ein. Hierbei werden sozialarbeiterische Aspekte in dem sonst juristisch geprägten Prozess der Geldstrafenvollstreckung berücksichtigt. Verurteilten Personen wird von Justizsozialarbeitern verdeutlicht, dass die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe unmittelbar bevorsteht — und es soll gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden. Hierdurch sollen insbesondere die Menschen erreicht werden, die mit der Situation überfordert sind und den Überblick über ihre Situation komplett verloren haben. Die Staatsanwaltschaften sind aufgefordert, die Gerichtshilfe spätestens bei der Ladung zum Strafantritt im Falle der erstmaligen Verurteilung zu einer Geldstrafe einzubinden.
Zu den Zahlen
Von den im Jahr 2021 insgesamt 3.998 Verfahren, in denen der AJSD eingebunden wurde, konnte in 2.744 Verfahren (68,63%) ein Kontakt zum dem oder der Betroffenen hergestellt und im Gespräch ein Vorschlag zur Tilgung der Geldstrafe erarbeitet werden. Vornehmlich wurden dabei Anträge auf Ratenzahlungsvereinbarungen gestellt (2.620 Fälle). In 110 Fällen wurde ein Antrag auf Ableistung gemeinnütziger Arbeit gestellt. In 14 Fällen kam es zu einer Weiterleitung an die Anlaufstellen für Straffällige. In den Fällen, in denen kein Kontakt zu den Betroffenen hergestellt werden konnte, lag dies im Wesentlichen daran, dass die Betroffenen nicht angetroffen wurden oder eine Unterstützung ablehnten. Von den 3.998 Fällen Verfahren konnten 89,91% innerhalb der ersten vier Wochen bearbeitet und beendet werden.
Das sagt Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza:
„Aus Berlin kam zuletzt die Idee, dem Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe mit einer Halbierung der Haftdauer zu begegnen. Das sei ein Neustart in der Strafrechtspolitik. Diese Idee entlastet vielleicht unsere Haftanstalten, weil die Betroffenen zum Beispiel nicht mehr 20, sondern nur noch 10 Tage bleiben. Die Zahl der Betroffenen wird durch diesen vermeintlichen „Neustart” jedoch nicht halbiert.
Die eigentliche Arbeit leisten die Länder, so wie wir in Niedersachsen, und die Anlaufstellen für Straffälligenhilfe. Auf die Betroffenen zuzugehen, um Ersatzfreiheitsstrafen zu vermeiden, ist anstrengend, personalintensiv und teuer. Und dennoch: Erst der Aspekt der Sozialarbeit ist das, was den Betroffenen wirklich hilft! Denn häufig gehen der Verurteilung zu einer Geldstrafe Suchtprobleme, Wohnungslosigkeit, familiäre Zerrüttung, Sprachprobleme oder Schulden voraus. Die Justiz muss hier also letztlich Probleme lösen, die viel früher entstanden sind.”
Zur Illustration der Arbeit der Gerichtshilfe: Echte Fallbeispiele aus dem Jahr 2021 in Niedersachsen
- Ein Betroffener wird beim zweiten Anlauf in seiner Wohnung angetroffen. Sowohl im Briefkasten als auch in der Wohnung stapeln sich ungeöffnete Briefe. Auf Nachfrage berichtet der Klient, dass er die Post nur unregelmäßig oder gar nicht öffne. Es würden immer nur schlechte Dinge darinstehen. Im Gespräch kann eine Lösung erarbeitet werden. Die Bedingungen zur Ableistung gemeinnütziger Arbeit (Projekt „Schwitzen statt Sitzen”) werden geklärt; es wird über eine mögliche Ratenzahlung informiert, auf Vereine der freien Straffälligenhilfe wird hingewiesen.
- Ein Betroffener wird zuhause angetroffen, nachdem er einen Termin im Büro nicht wahrgenommen hat. Er wirkt überrascht und gibt an, das Schreiben nicht erhalten zu haben. Zum Sachverhalt teilt er mit, er wisse worum es geht. Er habe eine Geldstrafe nicht gezahlt. Es täte ihm leid. Es sei ihm alles über den Kopf gewachsen. Finanzielle Probleme und Nachbarschaftsstreitigkeiten belasteten ihn. Er wisse nicht mehr, wie er alles bewältigen solle und rechne mit Abholung durch Polizei und somit einer Inhaftierung. Es wird über seinen Werdegang gesprochen und über seine Verbindlichkeiten. Letztlich erfolgt die Vereinbarung, dass der Staatsanwaltschaft eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von 50 Euro sowie eine Anbindung an örtliche Schuldenberatung vorgeschlagen wird.
- Ein älterer Mann, bislang nie straffällig geworden, begeht hinter dem Rücken seiner erkrankten Frau kleinere Ladendiebstähle. Die Geldstrafen konnte er nicht an seiner Frau vorbei bezahlen, da sie trotz ihrer Erkrankung noch die häusliche Geldverwaltung unter sich hatte. So kam es zur Ladung zum Strafantritt. Im Gespräch konnte der Betroffene überzeugt werden, sich der Frau zu öffnen; eine Ratenzahlung wurde unter ihrer Mitwirkung vereinbart.
- Eine Betroffene folgt der ersten Einladung und erscheint pünktlich zum Gesprächstermin. Im Gespräch erklärt die Klientin, die Hoffnung auf eine Lösung ihrer Probleme bereits verloren und Post der Staatsanwaltschaft nicht mehr geöffnet zu haben. Durch die Kontaktaufnahme des AJSD konnte der Klientin eine Perspektive gegeben und Unterstützung angeboten werden. Die Lebenssituation der Klientin konnte besprochen und eine Ratenzahlung mit der Staatsanwaltschaft vereinbart werden.
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