Politik
GRÜNE fordern Wohnraumoffensive für Niedersachsen


Mit einer Wohnraumoffensive für Niedersachsen wollen die niedersächsischen GRÜNEN dem Menschenrecht auf Wohnen und dem wachsenden Bedarf vor allem an bezahlbaren Wohnraum gerecht werden. „Unser Konzept steht auf drei Säulen“, erklärt die Landesvorsitzende Anne Kura. „Wir wollen die Rechte der Mieterinnen und Mieter stärken und Spekulationen eindämmen. Gemeinnützige und öffentlichen Wohnungsgesellschaften sollen mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen. Drittens müssen Voraussetzungen geschaffen werden, damit Bauen und Wohnen günstiger und ökologischer werden.“
Rasant steigende Mieten und Mangel an günstigem Wohnraum zeigten, was passiert, wenn Politik das Thema Wohnen dem Markt überlasse. „Es ist höchste Zeit, dass Bund, Land und Kommunen mit einer aktiven Wohnungspolitik gegensteuern, auch um zu verhindern, dass sich die soziale Spaltung unserer Gesellschaft baulich zementiert,“ so Kura.
Die Schaffung von sozialgebundenem Wohnraum müsse vor allem durch öffentliche und gemeinnützige Wohnungsgesellschaften vorangetrieben und aus Landesmitteln gefördert werden. „In Osnabrück haben sich bei einem Bürgerentscheid gerade über drei Viertel für die Neugründung einer kommunalen Wohnungsgesellschaft ausgesprochen. Auch das Land muss jetzt eine eigene Wohnungsbaugesellschaft gründen, um bezahlbaren Wohnraum in Niedersachsen zu schaffen, dafür bietet die Niedersächsische Landgesellschaft eine gute Grundlage.“
Die GRÜNEN fordern, staatliche Vorgaben zu modernisieren, um Bauen günstiger und ökologischer zu machen. So müsse die Pflicht zur Errichtung von Autostellplätzen abgeschafft werden. „Sie ist schlicht nicht mehr zeitgemäß“, so Kura. Auch die baurechtlichen Möglichkeiten, um Gebäude aufzustocken sowie bundesweite Typengenehmigungen für serielles Bauen müssten vereinfacht werden. Gleichzeitig müsse die öffentliche Hand die energetische Sanierung endlich wirksam steuerlich unterstützen. „Die Förderung von Energieeinsparung und ‑effizienz senkt langfristig die Kosten und ist ein Schlüssel für bezahlbares Wohnen und den dringend notwendigen Klimaschutz“, so Kura.
Kurzfristig sei es notwendig, Mietsteigerungen zu begrenzen und zu deckeln. Um Mieterinnen und Mieter besser zu schützen, fordern die GRÜNEN eine rückwirkende Rückzahlungsverpflichtung bei zu hohen Mieten. Bislang können solche Reduzierungen nur für die Zukunft geltend gemacht werden. „Das wollen wir ändern. Zu viel gezahlte Miete musss zurückgezahlt werden. Übrigens stärken wir damit auch die große Zahl fairer privater Vermieterinnen und Vermieter im Wettbewerb,“ so Kura.
Um die Spekulation mit baureifen Grundstücken einzudämmen, wollen die GRÜNEN den Kommunen künftig erlauben, für bestimmte Gebiete Bauverpflichtungen auszusprechen oder unbebaute, aber bebauungsfähige Grundstücke deutlich höher zu besteuern.
Die niedersächsischen GRÜNEN diskutieren am 22. Juni in Hannover die Handlungsmöglichkeiten für bezahlbares und nachhaltiges Bauen und Wohnen mit zahlreichen Expert*innen, wie Vertreter*innen der Wohnungswirtschaft, des DGB und der Landesarmutskonferenz.
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Politik
Meta Janssen-Kucz: Erdgasförderung vor Borkum trägt zur Zerstörung der Lebensgrundlagen auf der Insel und im Meer bei.


Zur Ankündigung der Landesregierung, die Erdgasförderung in einem zweiten Feld vor Borkum zu bewilligen, erklärt die Borkumer Landtagsabgeordnete Meta Janssen-Kucz:
“Auch wenn die Erdgassuche von der SPD/CDU Landesregierung durch das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie LBEG genehmigt wurde, stehen aber Umweltverträglichkeitsprüfungen und damit das gesamte rechtsstaatliches Genehmigungsverfahren noch aus. Zudem sind die Klagen von deutschen und niederländischen Umweltverbänden und der Stadt Borkum noch lange nicht entschieden, bisher sind seitens der Gasförderfirmen auch keine vollständigen Unterlagen eingereicht. Die politische und juristische Arbeit gegen die geplante Erdgasförderung vor Borkum geht weiter!
Fakt ist, dass die Haltung der Grünen in Niedersachen gegen die neuen Gasförderungen klar ist und das heißt für mich als Grüne und Insulanerin, keine Regierungsbeteilung ohne Stop der Erlaubnis der Gasförderungen! Eine Erdgasförderung, die frühestens in zwei Jahren und dann nur geringe Mengen des aktuellen deutschen Gasbebedarfs decken kann, trägt zur Zerstörung der Lebensgrundlagen auf der Insel und im Meer bei. Die Gasförderung würde nicht der Versorgungssicherheit in den nächsten zwei Wintern helfen. Gemeinsam können wir 10–15 Prozent der bisher verbrauchten Energie in den unterschiedlichsten Bereichen einsparen. Wir haben es gemeinsam in der Hand: fürs Klima und gegen den Kriegsverbrecher Putin.”
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Politik
„Schwitzen statt sitzen.” Ersatzfreiheitsstrafen vermeiden


Foto: Justizvollzugsanstalt Lingen — Ingo Tonsor@LeserECHO
Kümmern und helfen
Niedersachsen vermeidet Ersatzfreiheitsstrafen durch eine aktive Einbindung der Gerichtshilfe / Über 2.700 Kontaktaufnehmen zu Betroffenen im Jahr 2021
Niedersachsen unternimmt erhebliche Anstrengungen, um den Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen zu verhindern. Über 46.000 Hafttage konnten im Jahr 2021 vermieden werden durch Programme wie die „Geldverwaltung statt Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe” oder „Schwitzen statt sitzen.” Siehe hier . Vor allem die in freier Trägerschaft befindlichen Anlaufstellen für Strafffälligenhilfe leisten dabei sehr wertvolle Arbeit.
Bundesweit gibt es seit einiger Zeit immer wieder den Vorschlag, aktiver auf die Betroffenen zuzugehen, um Ersatzfreiheitsstrafen zu vermeiden. Niedersachsen geht diesen Weg bereits seit zwei Jahren! Erstmals liegen dazu jetzt Zahlen vor. Danach konnte in über 2.700 Fällen Hilfe geleistet werden.
Zum Ablauf
Seit Sommer 2020 binden die Staatsanwaltschaften die Gerichtshilfe des Ambulanten Justizsozialdienstes (AJSD) in die Geldstrafenvollstreckung ein. Hierbei werden sozialarbeiterische Aspekte in dem sonst juristisch geprägten Prozess der Geldstrafenvollstreckung berücksichtigt. Verurteilten Personen wird von Justizsozialarbeitern verdeutlicht, dass die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe unmittelbar bevorsteht — und es soll gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden. Hierdurch sollen insbesondere die Menschen erreicht werden, die mit der Situation überfordert sind und den Überblick über ihre Situation komplett verloren haben. Die Staatsanwaltschaften sind aufgefordert, die Gerichtshilfe spätestens bei der Ladung zum Strafantritt im Falle der erstmaligen Verurteilung zu einer Geldstrafe einzubinden.
Zu den Zahlen
Von den im Jahr 2021 insgesamt 3.998 Verfahren, in denen der AJSD eingebunden wurde, konnte in 2.744 Verfahren (68,63%) ein Kontakt zum dem oder der Betroffenen hergestellt und im Gespräch ein Vorschlag zur Tilgung der Geldstrafe erarbeitet werden. Vornehmlich wurden dabei Anträge auf Ratenzahlungsvereinbarungen gestellt (2.620 Fälle). In 110 Fällen wurde ein Antrag auf Ableistung gemeinnütziger Arbeit gestellt. In 14 Fällen kam es zu einer Weiterleitung an die Anlaufstellen für Straffällige. In den Fällen, in denen kein Kontakt zu den Betroffenen hergestellt werden konnte, lag dies im Wesentlichen daran, dass die Betroffenen nicht angetroffen wurden oder eine Unterstützung ablehnten. Von den 3.998 Fällen Verfahren konnten 89,91% innerhalb der ersten vier Wochen bearbeitet und beendet werden.
Das sagt Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza:
„Aus Berlin kam zuletzt die Idee, dem Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe mit einer Halbierung der Haftdauer zu begegnen. Das sei ein Neustart in der Strafrechtspolitik. Diese Idee entlastet vielleicht unsere Haftanstalten, weil die Betroffenen zum Beispiel nicht mehr 20, sondern nur noch 10 Tage bleiben. Die Zahl der Betroffenen wird durch diesen vermeintlichen „Neustart” jedoch nicht halbiert.
Die eigentliche Arbeit leisten die Länder, so wie wir in Niedersachsen, und die Anlaufstellen für Straffälligenhilfe. Auf die Betroffenen zuzugehen, um Ersatzfreiheitsstrafen zu vermeiden, ist anstrengend, personalintensiv und teuer. Und dennoch: Erst der Aspekt der Sozialarbeit ist das, was den Betroffenen wirklich hilft! Denn häufig gehen der Verurteilung zu einer Geldstrafe Suchtprobleme, Wohnungslosigkeit, familiäre Zerrüttung, Sprachprobleme oder Schulden voraus. Die Justiz muss hier also letztlich Probleme lösen, die viel früher entstanden sind.”
Zur Illustration der Arbeit der Gerichtshilfe: Echte Fallbeispiele aus dem Jahr 2021 in Niedersachsen
- Ein Betroffener wird beim zweiten Anlauf in seiner Wohnung angetroffen. Sowohl im Briefkasten als auch in der Wohnung stapeln sich ungeöffnete Briefe. Auf Nachfrage berichtet der Klient, dass er die Post nur unregelmäßig oder gar nicht öffne. Es würden immer nur schlechte Dinge darinstehen. Im Gespräch kann eine Lösung erarbeitet werden. Die Bedingungen zur Ableistung gemeinnütziger Arbeit (Projekt „Schwitzen statt Sitzen”) werden geklärt; es wird über eine mögliche Ratenzahlung informiert, auf Vereine der freien Straffälligenhilfe wird hingewiesen.
- Ein Betroffener wird zuhause angetroffen, nachdem er einen Termin im Büro nicht wahrgenommen hat. Er wirkt überrascht und gibt an, das Schreiben nicht erhalten zu haben. Zum Sachverhalt teilt er mit, er wisse worum es geht. Er habe eine Geldstrafe nicht gezahlt. Es täte ihm leid. Es sei ihm alles über den Kopf gewachsen. Finanzielle Probleme und Nachbarschaftsstreitigkeiten belasteten ihn. Er wisse nicht mehr, wie er alles bewältigen solle und rechne mit Abholung durch Polizei und somit einer Inhaftierung. Es wird über seinen Werdegang gesprochen und über seine Verbindlichkeiten. Letztlich erfolgt die Vereinbarung, dass der Staatsanwaltschaft eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von 50 Euro sowie eine Anbindung an örtliche Schuldenberatung vorgeschlagen wird.
- Ein älterer Mann, bislang nie straffällig geworden, begeht hinter dem Rücken seiner erkrankten Frau kleinere Ladendiebstähle. Die Geldstrafen konnte er nicht an seiner Frau vorbei bezahlen, da sie trotz ihrer Erkrankung noch die häusliche Geldverwaltung unter sich hatte. So kam es zur Ladung zum Strafantritt. Im Gespräch konnte der Betroffene überzeugt werden, sich der Frau zu öffnen; eine Ratenzahlung wurde unter ihrer Mitwirkung vereinbart.
- Eine Betroffene folgt der ersten Einladung und erscheint pünktlich zum Gesprächstermin. Im Gespräch erklärt die Klientin, die Hoffnung auf eine Lösung ihrer Probleme bereits verloren und Post der Staatsanwaltschaft nicht mehr geöffnet zu haben. Durch die Kontaktaufnahme des AJSD konnte der Klientin eine Perspektive gegeben und Unterstützung angeboten werden. Die Lebenssituation der Klientin konnte besprochen und eine Ratenzahlung mit der Staatsanwaltschaft vereinbart werden.
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