Politik
Spahn: „Machen Medizinische Dienste effektiver, glaubwürdiger und handlungsfähiger.“


Bundestag beschließt MDK-Reformgesetz
Der Medizinische Dienst wird künftig organisatorisch von den Krankenkassen gelöst und ist als unabhängige Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgestaltet. Zudem wird die Prüfung der Krankenhausabrechnung einheitlicher und transparenter gestaltet. Strittige Kodier- und Abrechnungsfragen sollen systematisch vermindert werden. Das sind Ziele des „Gesetzes für bessere und unabhängigere Prüfungen – MDK-Reformgesetz“, über das der Deutsche Bundestag heute in 2./3. Lesung entscheidet.
Das Gesetz soll am 1. Januar 2020 in Kraft treten. Es bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: „Die Patientinnen und Patienten müssen sich darauf verlassen können, dass die Medizinischen Dienste neutral prüfen und handeln. Um effektiv, glaubwürdig und handlungsfähig zu bleiben, wird der Medizinische Dienst deshalb von den Krankenkassen losgelöst und eigenständig organisiert. Damit führen wir eine über zwanzig Jahre währende Debatte zur Unabhängigkeit des medizinischen Dienstes endlich zu einer Entscheidung. Auch bei den Krankenhausabrechnungen sorgen wir für mehr Transparenz. Gezieltere Prüfungen lassen mehr Zeit für eine gute Versorgung.“
Organisationsreform MDK
- Die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) stellen künftig keine Arbeitsgemeinschaften der Krankenkassen mehr dar, sondern werden als eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts einheitlich unter der Bezeichnung „Medizinischer Dienst“ (MD) geführt.
- Auch der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) wird vom GKV-Spitzenverband organisatorisch gelöst und erhält die Kompetenz zum Erlass der Richtlinien für die Tätigkeit der Medizinischen Dienste.
- Die Besetzung der Verwaltungsräte der MD wird neu geregelt. Künftig werden auch Vertreter der Patientinnen und Patienten, der Pflegebedürftigen und der Verbraucher sowie der Ärzteschaft und der Pflegeberufe im Verwaltungsrat vertreten sein.
Krankenhausabrechnungsprüfung
- Künftig soll die Abrechnungsqualität eines Krankenhauses den Umfang der zulässigen Prüfungen durch die Krankenkassen bestimmen. Dazu wird ab dem Jahr 2020 eine maximale Prüfquote je Krankenhaus bestimmt, die den Umfang der Prüfungen begrenzt. Ab 2021 wird die Höhe der Prüfquote durch die Qualität der Abrechnungen bestimmt. Die Krankenhäuser, die schlecht abrechnen, werden mehr geprüft als gut abrechnende.
- Eine schlechte Abrechnungsqualität hat negative finanzielle Konsequenzen für ein Krankenhaus.
- Strittige Kodier- und Abrechnungsfragen werden systematisch reduziert. Dazu werden durch verschiedene Maßnahmen bestehende Blockaden des Schlichtungsausschusses auf Bundesebene aufgelöst.
- Statt Strukturen und Ausstattungen von Krankenhäusern in vielen Einzelfällen zu prüfen, wird das Verfahren in einer Strukturprüfung gebündelt.
- Unnötige Prüffelder im Bereich der neuen Pflegepersonalkostenvergütung werden vermieden.
- Der Katalog für sog. „ambulante Operationen und stationsersetzende Eingriffe“ (AOP-Katalog) wird erweitert. Dadurch können die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten in den Krankenhäusern künftig konsequenter genutzt und dem heute noch häufigsten Prüfanlass entgegengewirkt werden.
- Eine Aufrechnung mit Rückforderungen der Krankenkassen gegen Vergütungsansprüche der Krankenhäuser ist künftig nur noch in festgelegten Ausnahmefällen zulässig.
- Durch Einführung einer bundesweiten Statistik soll das Abrechnungs- und Prüfgeschehen transparenter werden.
Weitere Änderungen
Darüber hinaus sieht das MDK-Reformgesetz die folgenden wesentlichen Änderungen vor:
- Im Rahmen der Förderung der Weiterbildung in der ambulanten fachärztlichen Versorgung wird eine Förderung von mindestens 250 angehenden Kinder- und Jugendärztinnen und ‑ärzten vorgesehen.
- Das im Jahr 2013 eingeführte Hygieneförderprogramm wird um weitere drei Jahre verlängert. Damit werden Krankenhäuser weiterhin bei der personellen Ausstattung mit Hygienepersonal unterstützt, um die entsprechenden Vorgaben des Infektionsschutzrechts besser umsetzen zu können. Bei dieser Verlängerung wird ein neuer Schwerpunkt gesetzt, der auf den sachgerechten Einsatz von Antibiotika abzielt.
- Im Zusammenhang mit der Ausgliederung der Personalkosten für die Pflege am Bett aus der pauschalierenden Vergütung wird zu Gunsten der Krankenhäuser der Umfang pflegeentlastender Maßnahmen von 3 Prozent auf 4 Prozent erhöht. Die durch pflegeentlastende Maßnahmen eingesparten Pflegepersonalkosten können dann neben den tatsächlichen Pflegepersonalkosten zusätzlich im Pflegebudget berücksichtigt werden.
- Das Verfahren zum Wechsel der gesetzlichen Krankenkasse wird für die Mitglieder einfacher und einheitlicher gestaltet. Bürokratie wird abgebaut, indem elektronische Meldeverfahren genutzt werden. Die bisherige Mindestbindungsfrist wird von 18 auf zwölf Monate verkürzt.
- Die studentische Krankenversicherung wird weiterentwickelt und ein elektronisches Meldeverfahren zwischen Hochschulen und Krankenkassen eingeführt. Die bisherige Begrenzung bis zum 14. Fachsemester wird zugunsten der Studierenden gestrichen.
- Der schrittweise Abbau überschüssiger Finanzreserven von Krankenkassen ist bereits ab dem Haushaltsjahr 2020 verpflichtend anzuwenden. Somit profitieren deren Versicherte zeitnah bei der Festlegung der kassenindividuellen Zusatzbeiträge.
- Mit einer Geschlechterquote bei der Listenaufstellung im Rahmen der Sozialwahlen soll eine angemessene Repräsentanz von Frauen und Männern in den Verwaltungsräten der Krankenkassen erreicht werden.
- Der Gemeinsame Bundesausschuss hat künftig seine öffentlichen Sitzungen live im Internet zu übertragen sowie in einer Mediathek für einen späteren Abruf zur Verfügung zu stellen. Damit soll die Transparenz seiner Entscheidungen weiter verbessert werden.
- Die Unterstützungsmöglichkeiten und die Finanzierung der Patientenverbände auf Landesebene werden verbessert.
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Politik
Meta Janssen-Kucz: Erdgasförderung vor Borkum trägt zur Zerstörung der Lebensgrundlagen auf der Insel und im Meer bei.


Zur Ankündigung der Landesregierung, die Erdgasförderung in einem zweiten Feld vor Borkum zu bewilligen, erklärt die Borkumer Landtagsabgeordnete Meta Janssen-Kucz:
“Auch wenn die Erdgassuche von der SPD/CDU Landesregierung durch das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie LBEG genehmigt wurde, stehen aber Umweltverträglichkeitsprüfungen und damit das gesamte rechtsstaatliches Genehmigungsverfahren noch aus. Zudem sind die Klagen von deutschen und niederländischen Umweltverbänden und der Stadt Borkum noch lange nicht entschieden, bisher sind seitens der Gasförderfirmen auch keine vollständigen Unterlagen eingereicht. Die politische und juristische Arbeit gegen die geplante Erdgasförderung vor Borkum geht weiter!
Fakt ist, dass die Haltung der Grünen in Niedersachen gegen die neuen Gasförderungen klar ist und das heißt für mich als Grüne und Insulanerin, keine Regierungsbeteilung ohne Stop der Erlaubnis der Gasförderungen! Eine Erdgasförderung, die frühestens in zwei Jahren und dann nur geringe Mengen des aktuellen deutschen Gasbebedarfs decken kann, trägt zur Zerstörung der Lebensgrundlagen auf der Insel und im Meer bei. Die Gasförderung würde nicht der Versorgungssicherheit in den nächsten zwei Wintern helfen. Gemeinsam können wir 10–15 Prozent der bisher verbrauchten Energie in den unterschiedlichsten Bereichen einsparen. Wir haben es gemeinsam in der Hand: fürs Klima und gegen den Kriegsverbrecher Putin.”
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Politik
„Schwitzen statt sitzen.” Ersatzfreiheitsstrafen vermeiden


Foto: Justizvollzugsanstalt Lingen — Ingo Tonsor@LeserECHO
Kümmern und helfen
Niedersachsen vermeidet Ersatzfreiheitsstrafen durch eine aktive Einbindung der Gerichtshilfe / Über 2.700 Kontaktaufnehmen zu Betroffenen im Jahr 2021
Niedersachsen unternimmt erhebliche Anstrengungen, um den Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen zu verhindern. Über 46.000 Hafttage konnten im Jahr 2021 vermieden werden durch Programme wie die „Geldverwaltung statt Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe” oder „Schwitzen statt sitzen.” Siehe hier . Vor allem die in freier Trägerschaft befindlichen Anlaufstellen für Strafffälligenhilfe leisten dabei sehr wertvolle Arbeit.
Bundesweit gibt es seit einiger Zeit immer wieder den Vorschlag, aktiver auf die Betroffenen zuzugehen, um Ersatzfreiheitsstrafen zu vermeiden. Niedersachsen geht diesen Weg bereits seit zwei Jahren! Erstmals liegen dazu jetzt Zahlen vor. Danach konnte in über 2.700 Fällen Hilfe geleistet werden.
Zum Ablauf
Seit Sommer 2020 binden die Staatsanwaltschaften die Gerichtshilfe des Ambulanten Justizsozialdienstes (AJSD) in die Geldstrafenvollstreckung ein. Hierbei werden sozialarbeiterische Aspekte in dem sonst juristisch geprägten Prozess der Geldstrafenvollstreckung berücksichtigt. Verurteilten Personen wird von Justizsozialarbeitern verdeutlicht, dass die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe unmittelbar bevorsteht — und es soll gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden. Hierdurch sollen insbesondere die Menschen erreicht werden, die mit der Situation überfordert sind und den Überblick über ihre Situation komplett verloren haben. Die Staatsanwaltschaften sind aufgefordert, die Gerichtshilfe spätestens bei der Ladung zum Strafantritt im Falle der erstmaligen Verurteilung zu einer Geldstrafe einzubinden.
Zu den Zahlen
Von den im Jahr 2021 insgesamt 3.998 Verfahren, in denen der AJSD eingebunden wurde, konnte in 2.744 Verfahren (68,63%) ein Kontakt zum dem oder der Betroffenen hergestellt und im Gespräch ein Vorschlag zur Tilgung der Geldstrafe erarbeitet werden. Vornehmlich wurden dabei Anträge auf Ratenzahlungsvereinbarungen gestellt (2.620 Fälle). In 110 Fällen wurde ein Antrag auf Ableistung gemeinnütziger Arbeit gestellt. In 14 Fällen kam es zu einer Weiterleitung an die Anlaufstellen für Straffällige. In den Fällen, in denen kein Kontakt zu den Betroffenen hergestellt werden konnte, lag dies im Wesentlichen daran, dass die Betroffenen nicht angetroffen wurden oder eine Unterstützung ablehnten. Von den 3.998 Fällen Verfahren konnten 89,91% innerhalb der ersten vier Wochen bearbeitet und beendet werden.
Das sagt Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza:
„Aus Berlin kam zuletzt die Idee, dem Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe mit einer Halbierung der Haftdauer zu begegnen. Das sei ein Neustart in der Strafrechtspolitik. Diese Idee entlastet vielleicht unsere Haftanstalten, weil die Betroffenen zum Beispiel nicht mehr 20, sondern nur noch 10 Tage bleiben. Die Zahl der Betroffenen wird durch diesen vermeintlichen „Neustart” jedoch nicht halbiert.
Die eigentliche Arbeit leisten die Länder, so wie wir in Niedersachsen, und die Anlaufstellen für Straffälligenhilfe. Auf die Betroffenen zuzugehen, um Ersatzfreiheitsstrafen zu vermeiden, ist anstrengend, personalintensiv und teuer. Und dennoch: Erst der Aspekt der Sozialarbeit ist das, was den Betroffenen wirklich hilft! Denn häufig gehen der Verurteilung zu einer Geldstrafe Suchtprobleme, Wohnungslosigkeit, familiäre Zerrüttung, Sprachprobleme oder Schulden voraus. Die Justiz muss hier also letztlich Probleme lösen, die viel früher entstanden sind.”
Zur Illustration der Arbeit der Gerichtshilfe: Echte Fallbeispiele aus dem Jahr 2021 in Niedersachsen
- Ein Betroffener wird beim zweiten Anlauf in seiner Wohnung angetroffen. Sowohl im Briefkasten als auch in der Wohnung stapeln sich ungeöffnete Briefe. Auf Nachfrage berichtet der Klient, dass er die Post nur unregelmäßig oder gar nicht öffne. Es würden immer nur schlechte Dinge darinstehen. Im Gespräch kann eine Lösung erarbeitet werden. Die Bedingungen zur Ableistung gemeinnütziger Arbeit (Projekt „Schwitzen statt Sitzen”) werden geklärt; es wird über eine mögliche Ratenzahlung informiert, auf Vereine der freien Straffälligenhilfe wird hingewiesen.
- Ein Betroffener wird zuhause angetroffen, nachdem er einen Termin im Büro nicht wahrgenommen hat. Er wirkt überrascht und gibt an, das Schreiben nicht erhalten zu haben. Zum Sachverhalt teilt er mit, er wisse worum es geht. Er habe eine Geldstrafe nicht gezahlt. Es täte ihm leid. Es sei ihm alles über den Kopf gewachsen. Finanzielle Probleme und Nachbarschaftsstreitigkeiten belasteten ihn. Er wisse nicht mehr, wie er alles bewältigen solle und rechne mit Abholung durch Polizei und somit einer Inhaftierung. Es wird über seinen Werdegang gesprochen und über seine Verbindlichkeiten. Letztlich erfolgt die Vereinbarung, dass der Staatsanwaltschaft eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von 50 Euro sowie eine Anbindung an örtliche Schuldenberatung vorgeschlagen wird.
- Ein älterer Mann, bislang nie straffällig geworden, begeht hinter dem Rücken seiner erkrankten Frau kleinere Ladendiebstähle. Die Geldstrafen konnte er nicht an seiner Frau vorbei bezahlen, da sie trotz ihrer Erkrankung noch die häusliche Geldverwaltung unter sich hatte. So kam es zur Ladung zum Strafantritt. Im Gespräch konnte der Betroffene überzeugt werden, sich der Frau zu öffnen; eine Ratenzahlung wurde unter ihrer Mitwirkung vereinbart.
- Eine Betroffene folgt der ersten Einladung und erscheint pünktlich zum Gesprächstermin. Im Gespräch erklärt die Klientin, die Hoffnung auf eine Lösung ihrer Probleme bereits verloren und Post der Staatsanwaltschaft nicht mehr geöffnet zu haben. Durch die Kontaktaufnahme des AJSD konnte der Klientin eine Perspektive gegeben und Unterstützung angeboten werden. Die Lebenssituation der Klientin konnte besprochen und eine Ratenzahlung mit der Staatsanwaltschaft vereinbart werden.
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